Die Königlich Preußische Militäreisenbahn (K.M.E.)

Beitrag von Lutz Birkholz
Bahnhof Schönefeld

Bahnhof Schönefeld

Die Anforderungen der immer größeren Armeen machten schon seit der Mitte des 19ten Jahrhunderts eine bessere Transport- und Nachschubversorgung für das Militär notwendig. Der Amerikanischen Bürgerkrieg 1861 bis 1865 und der Preußisch-Österreichische Krieg 1866 zeigten deutlich das moderne „Industriekriege“ nur mit dem Einsatz der Eisenbahn geführt werden konnten. Die Industrialisierung der Kriege begann. Vor allem die Artillerie benötigte immer gewaltigere Transportkapazitäten um die immer gigantischeren Geschütze an die Einsatzorte zu befördern.

Bahnhof Mellensee

In Preußen wurden schon vor dem Beginn des Krieges gegen Frankreich (1871) die ersten Eisenbahntruppen aufgestellt. Seit 1872 befanden sich diese Eisenbahntruppen in Berlin-Schöneberg. Dort befand sich – direkt an der Strecke der Dresdner Eisenbahn zwischen Kolonnen- und Monumentenstraße die Kaserne des Eisenbahnregiments. Direkt an der Kolonnenstraße begann dann auch die Strecke der Königlich Preußischen Militäreisenbahn. Damit sollte der Neue Artillerieübungsplatz in Kummersdorf schnell und mit schweren Waffen erreichbar sein und gleichzeitig eine Übungsstrecke für die Militäreisenbahner geschaffen werden. Die hohen Kosten für eine solche Militäreigene Eisenbahnlinie – immerhin bis zum Bahnhof Kummersdorf 45 Kilometer lang – wurden aus den Kriegskontributionen Frankreichs bezahlt. Im Oktober 1875 wurde die Strecke fertiggestellt. Auch der Bau der Gleise und Bahnhöfe wurde durch die Soldaten des Eisenbahnregimentes ausgeführt.

Bahnhof Kummersdorf

Für die ziemlich abgelegene Region westlich von Zossen wurde die Militäreisenbahn ein Motor für die Erschließung. Zwischen Zossen und Kummersdorf war die Beförderung von zivilen Gütern und Personen von Anfang an möglich. Zwischen Berlin Schöneberg und Zossen wurde die Bahn für den zivilen Verkehr ab 1888 geöffnet. Das Militär als Betreiber der Bahn nutzte den zivilen Bahnverkehr als zusätzliche Einnahmequelle. Für die Ziegeleien in Clausdorf und Rehagen sowie das Sägewerk in Mellensee machte der Bahnanschluss erst den Transport nach Berlin wirtschaftlich.

Streckenplan der K.M.E.

Im Personenverkehr galt für Zivilpersonen ein verbilligter Vororttarif. So kostete die Fahrt von Berlin nach Jüterbog 1,95 RM statt 2,10 RM bei den Privatbahnen. Wer ins Grüne wollte – nach Rangsdorf, Mellensee oder Sperenberg - fuhr mit der Militärbahn billiger. In Sperenberg betrieb die Stadt Schöneberg sogar ein Schullandheim. Die gute Erreichbarkeit war sicherlich ein Grund dafür.

Bahnhof Sperenberg

Der militärische Betrieb der Bahnlinie war für die Vorbereitung des 1. Weltkrieges von großer Bedeutung. Die Soldaten der Eisenbahnbrigade waren meist schon vor ihrer Dienstzeit technisch ausgebildet – etwa als Schlosser oder Schmied. So wurden in Schöneberg und an den anderen Standorten der K.M.E immer mehr Soldaten für diese, damals hochmoderne, Kriegstechnik ausgebildet. Der schnelle Transport von Material für immer schnellere Truppenbewegungen war eine Grundvoraussetzung für den industriellen Krieg in drei Dimensionen.

Die Verlängerung der Strecke bis zum Übungsplatz der schweren Fußartillerie in Jüterbog im Mai 1877 machte dann auch Transporte unter nahezu kriegsmäßigen Bedingungen möglich.

Bahnhof Rehagen

Als hochtechnische Militäreinheit, wurde die Eisenbahnbrigade auch als Kolonialarmee in Namibia (damals Deutsch-Südwest-Afrika) und im Mandatsgebiet Kiautschou in China eingesetzt. In Namibia wurde die Hauptstrecke zwischen Swakopmund und Windhoek durch die Militäreisenbahner gebaut und auch betrieben. Selbst das Material wurde zu großen Teilen aus den Depots in Rehagen und Sperenberg verschickt. Am Kriegseinsatz gegen die Herero und Nama in Namibia waren die Militäreisenbahner aktiv beteiligt.

Als eine der wenigen Bahnlinien im Staatsbesitz, wurde die Militärbahnstrecke immer wieder als Versuchsstrecke für neuartige Bahntechnik genutzt. Versuche mit Dampflokomotiven und – für eine dichte Auslastung einer Linie extrem wichtig – Bremsversuche fanden mehrmals statt. Bis heute legendär sind die ersten Schnellbahnversuche mit elektrischem Antrieb die zwischen 1901 und 1903 auf dem Abschnitt zwischen Marienfelde und Zossen stattfanden. Dabei wurde eine Höchstgeschwindigkeit von 210 km/h erreicht. Ein für lange Zeit unerreichter Weltrekord.

Bahnhof Jüterbog II

Nach dem Friedensvertrag von Versailles war dem Deutschen Reich der Unterhalt von Eisenbahntruppen verboten. Die Gleise zwischen Schöneberg und Zossen wurden vertragsgemäß demontiert. Die K.M.E wurde als Strecke der Deutschen Reichsbahn nur noch zwischen Zossen und Jüterbog für den Personen- und Güterverkehr betrieben.

Ab 1934 waren Sperenberg und Rehagen wieder Standorte für Eisenbahnpioniere. Die Militäreisenbahn wurde – jetzt als Reichsbahnstrecke – für die Versorgung der Heeresversuchsanstalt in Kummersdorf auch wieder militärisch genutzt.

Dreharbeiten

Nach 1945 wurden die riesigen Militärflächen zwischen Wünsdorf und Jüterbog durch die sowjetische Armee genutzt. Der Bahnverkehr auf der Strecke wurde durch die Reichsbahn betrieben. Nach dem Abzug der Westgruppe der vormals sowjetischen Armee aus Deutschland wurde das Verkehrsaufkommen auf der Linie geringer. Die Deutsche Bahn als Betreiberin stellte den Verkehr in mehreren Schritten ein. Der letzte Personenzug fuhr 1998 zwischen Zossen uns Sperenberg.

Heute wird die Strecke von der Erlebnisbahn.de GmbH als Freizeitstrecke für Fahrraddraisinen betrieben. Die grundsätzliche Zulassung als Bahnstrecke ist nach wie vor vorhanden.

Zeittafel zur Königlich-Preußischen-Militäreisenbahn (K.M.E.)

15. Oktober 1875
Eröffnung der Militärbahn zwischen Berlin- Schöneberg und Schießplatz (heute Kummersdorf Gut). Der Abschnitt Zossen bis Kummersdorf Gut wird zugleich für den öffentlichen Personen- und Güterverkehr zugelassen; Länge: 45,62 km

1. November 1888
Auf dem Streckenabschnitt Zossen – Berlin wird der öffentliche Personen- und Güterverkehr aufgenommen

1. Februar 1896
Inbetriebnahme der Verlängerung der Militärbahn von Schießplatz nach Jänickendorf

1. Mai 1897
Inbetriebnahme der Verlängerung der Militärbahn von Jänickendorf nach Jüterbog. Länge der Neubaustrecke Schießplatz - Jüterbog: 25,00 km. Gesamtlänge der Militärbahn: 70,62 km

28. Oktober 1903
Auf der Militäreisenbahn fährt ein Drehstrom-Schnelltriebwagen der AEG im Rahmen der Schnellfahrversuche der St.E.S. 210,2 km/h. Das war für 31 Jahre Geschwindigkeitsrekord aller Verkehrsmittel

5. November 1919
Betriebsübernahme der Strecke durch die Preußische Staatseisenbahnverwaltung, Eisenbahndirektion Berlin

1919/20
Betriebseinstellung der Bahnlinie zwischen Berlin und Zossen und bis 1925 Gleisrückbau auf diesem Streckenabschnitt#

1. März 1920
Die ehemals als Hauptbahn betriebene K.M.E. wird auf dem verbliebenen Abschnitt Zossen - Jüterbog als Nebenbahn betrieben

1. April 1920
Übernahme der Militärbahn durch die Deutsche Reichsbahn

21. August 1945
Wiederaufnahme des Bahnbetriebes zwischen Zossen und Jüterbog nach kriegsbedingter Betriebseinstellung

1. Januar 1994
Übernahme der Deutschen Reichsbahn durch die Deutsche Bahn AG

2. Juni 1996
Betriebseinstellung der Eisenbahnteilstrecke Jüterbog - Sperenberg,

18. April 1998
Betriebseinstellung der letzten Eisenbahnteilstrecke Sperenberg - Zossen.

1.  April 2003
Eröffnung der Erlebnisbahn als Draisinenstrecke Zossen – Jüterbog

Quellen - Text:
Klaus Hesse,Stille Belagerung zwischen den Kriegen, aus: Die Rote Insel, S39-55; Berliner Geschichtswerkstatt (Hrg.), Berlin 1987
Carsten Preuß, Die KME als Versuchsstrecke, 2.Aufl. Zossen 2004
Königlich Preußische Militär-Eisenbahn, wikipedia.org, Version vom 25.7.2020
Kurt Pierson, Die Kgl. Pr. Militär-Eisenbahn, Stuttgart 1979

Quelle – Zeittafel: Museum des Teltow