Jüterbog entwickelte sich nach dem Wiener Kongress 1815 zu einer der größten deutschen Garnisonsstädte. Der Flächenbedarf des Militärs war enorm. Bis zur politischen Wende 1989 beanspruchte zuletzt die sowjetische Garnison fast zwei Drittel der gesamten administrativen Fläche der Stadt Jüterbog.
Seit dem Abzug der Soldaten und der Übergabe der Militärliegenschaften an die deutschen Behörden steht der Begriff Konversion (lat. Conversio für Umkehrung, Umwandlung) in diesem Zusammenhang für die zivile Nachnutzung dieser Flächen und Gebäude.
Die Ausstellung im Rahmen des diesjährigen Konversionssommers im Land Brandenburg zeigt Momentaufnahmen der Jahre 1993/94, und, wo möglich, in der Gegenüberstellung zur heutigen Situation, insgesamt 72 Fotos in DIN A 4 (25 auf Tafeln, 47 im Ordner). Insbesondere die Fotos, von 1993/94, die während oder unmittelbar nach Übergabe der Liegenschaften an die deutschen Behörden entstanden sind, vermitteln ein etwaiges Stimmungsbild dieser Phase.
Die Gegenüberstellung zur heutigen Situation macht deutlich, dass in Jüterbog bislang viel in der Konversion erreicht wurde, dass aber ein Ende der Aufgaben hier aber noch lange nicht in Sicht ist, wofür auch Beispiele der sogenannten „lost places“ stehen. Der Begriff Lost Places ist Schein- oder Pseudoanglizismus. Er steht für vergessene oder verlorene Orte, die dem Verfall preisgegeben sind.
Es überrascht nicht, dass die Stadt Jüterbog nicht einmal ansatzweise über ausreichend Kapital verfügt, um diese enormen Konversionsaufgaben zu stemmen. Trotz der lokalen Erfolge wird daher sehr deutlich, dass der vor Jahren im Land Brandenburg geprägte Begriff der „Jahrhundertaufgabe Konversion“ hier noch nichts an Gültigkeit verloren hat. Besonders schwer wiegt auch der Erhalt und die Nachnutzung der zahlreichen, hochwertigen Einzeldenkmale, von denen viele in schlechtem Zustand sind.
Annähernd 300 Gebäude und Gebäudeteile auf zivilen und auf ehem. militärisch genutzten Flächen von Jüterbog sind als Denkmale und denkmalwerte Gebäude in der Denkmalliste des Landkreises und der Denkmaltopografie des Landes Brandenburg erfasst. Damit erreicht die Stadt mit dem Anteil an Denkmalen pro Kopf und pro m² gegenüber dem Landesdurchschnitt fast den dreifachen Wert. Hier stehen immense historische Werte, aber deren Erhaltung, und sei es nur eine Notsicherung, erfordert Kostensummen in Größenordnungen, die von städtischer Seite nicht zu bewältigen sind.
Jüterbog wird sich weiter im Forum für Konversion und Stadtentwicklung im Land Brandenburg engagieren und appelliert eindringlich an Land, Bund und EU um adäquate Unterstützung und Hilfe, um mit der Konversion weiter voran zu kommen.
Die Ausstellungseröffnung am 11. Juni fand großes Interesse und anregende Gespräche. Sie kann zu den Öffnungszeiten der Bibliothek kostenlos besichtigt werden und wird sehr positiv von Gästen und vom lokalen Publikum wahrgenommen. Möge die kleine Ausstellung auch dazu beitragen, dass nicht nur verlassene oder vergessene Flächen, sondern auch die Konversion insgesamt wieder ins Bewusstsein der Öffentlichkeit gerückt werden.
Es gilt auch nach mehr als einem Vierteljahrhundert, verlassenes und geschundenes Land wieder urban zu machen, einen großen Anteil der Landesfläche wieder in den Natur- und Wirtschaftskreislauf zurückzuführen.
Obwohl die verbliebenen Konversionsflächen, die sog. „Dicke Brocken“ alle Akteure mit besonders schwierigen Aufgaben konfrontieren, spornen die Erfolge der letzten Jahre an, die Arbeit von FOKUS kontinuierlich fortzusetzen. Denn erfolgreiche Konversion ist „Landgewinn im Frieden“.