Vom Truppenübungsplatz Jüterbog zum wertvollen Wildnisgebiet

Ein virtueller Rundgang mit Christian Watermann, Liegenschaftsbeauftragter, Stiftung Naturlandschaften Brandenburg mit Einblicken in die Geschichte und das Engagement der Stiftung Naturlandschaften Brandenburg
Jüterbog
Montag, 21. Juni 2021 - 0:00

Christian Watermann gestaltete den Rundgang über den ehemaligen Übungsplatz für Markus Hennen von der ARGE KONVER.  Dabei gab er ausführliche Einblicke in die Geschichte und das Engagement der Stiftung Naturlandschaften Brandenburg und ging auch ausführlich auf Fragen ein.

Als Liegenschaftsbeauftragter vertritt er zusammen mit seinem Kollegen Andreas Hauffe die Stiftung auf der Fläche. Sie sorgen für die praktische Umsetzung der Umweltbildung, des Monitorings, sowie der Instandhaltungsarbeiten und Kontrolle der Flächen. Weitere Arbeitsfelder sind die Waldbrandschutzstreifen und die Verkehrssicherung.

Wildnis auf ehemaligen Truppenübungsplätzen

Die Stiftung Naturlandschaften Brandenburg setzt sich seit 2000 dafür ein, dass wertvolle Wildnisgebiete in Brandenburg dauerhaft geschützt, erlebbar gemacht, erforscht und vernetzt werden. Gemeinsam mit Partnern und Unterstützern engagiert sie sich dafür, Urwälder von morgen zu schaffen und den Menschen die Bedeutung und Schönheit wilder Natur nahezubringen. Stifter sind das Land Brandenburg, die Zoologische Gesellschaft Frankfurt, der Naturschutzbund Deutschland (NABU), die Umweltstiftung WWF Deutschland, der Landschafts-Förderverein Nuthe-Nieplitz-Niederung, die Gregor Louisoder Umweltstiftung und eine Privatperson (Leitbild, Leitsätze und Satzung der Stiftung Naturlandschaften Brandenburg unter: www.stiftung-nlb.de).

Auf den ehemaligen Truppenübungsplätzen Jüterbog, Heidehof, Lieberose und Tangersdorf besitzt und betreut die Wildnisstiftung insgesamt über 13.600 Hektar Flächen. Hier entstehen Urwälder von morgen: Nach zum Teil über hundertjähriger militärischer Nutzung kann sich die Natur auf dem größten Teil der Fläche frei entwickeln. Um die Wildnisgebiete von Eingriffen möglichst frei zu halten und Wirkungen nach außen abzupuffern, setzt die Stiftung abgestimmte Waldbrandschutz- und Wildtiermanagementkonzepte um.

Die landschaftliche Vielfalt reicht von Sanddünen, Heide und Pionierwäldern bis hin zu Mooren, Klarwasserseen und naturnahen Wäldern. Seltene Arten wie Wolf, Fischotter, Bechsteinfledermaus und Seeadler leben auf den Stiftungsflächen, die größtenteils als Naturschutzgebiete ausgewiesen sind und FFH- und SPA-Status haben. Mit einem aktuell 40 km umfassenden Wanderwegenetz mit Aussichtspunkten und Infotafeln sowie geführten Exkursionen macht die Stiftung die faszinierende Naturentwicklung erlebbar.

Wegegebot/Hinweise für Ihren Besuch auf Wildnisgebieten

Bei den Wildnisgebieten handelt es sich um ehemalige Truppenübungsplätze und Naturschutzgebiete, in denen ein Wegegebot gilt. Betreten auf eigene Gefahr, bitte bleiben Sie auf den gekennzeichneten, von Munition befreiten Wanderwegen.
Außerhalb dieser ausgewiesenen Wege können von den Flächen Gefahren ausgehen, insbesondere durch Munition und Munitionsteile, einsturzgefährdete Bauwerke sowie unterirdische Anlagen.

Die Wanderwege führen durch naturnahe Wildnisgebiete. Bitte achten sie auf herabhängende Äste, abgestorbene Bäume und meiden Sie das Gebiet bei starkem Wind, Eis, Starkregen oder Brandgefahr.

Zum Begehen der unbefestigten und sandigen Wege empfehlen wir festes Schuhwerk. Das Reiten auf den Wegen ist nicht gestattet. Hunde sind an der Leine zu führen. Besonders an heißen Tagen empfehlen wir Ihnen, genügend Getränke und Sonnenschutz mitzunehmen.

Zur Stiftungsfläche Jüterbog

1860 erhielt Jüterbog eine ständige Garnison und gleichzeitig begann der Ankauf von Flächen durch den preußischen Militärfiskus nördlich der Stadt in Richtung Treuenbrietzen zur Errichtung eines Truppenübungs- und Schießplatzes. Der Flächenbedarf stieg kontinuierlich an und mit der Verlegung der Artillerie-Schulen von Berlin nach Jüterbog entwickelte sich der Ort zu einer der größten deutschen Garnisonsstädte und die lokale Wirtschaft boomte.  Der Truppenübungsplatz umfasste bis zum vollständigen Abzug der Westgruppe der Truppen 1994 eine Gesamtfläche von 8.200 ha. a der Truppenübungsplatz vom 19. Jahrhundert bis in die 1990er Jahre militärisch genutzt wurde, blieb hier eine riesige zusammenhängende Fläche unbesiedelt und ohne Straßen und private Nutzflächen erhalten. 1999 wurden von der Gesamtfläche 7.200 ha als Naturschutzgebiet "Forst Zinna–Jüterbog–Keilberg" ausgewiesen, weil sich hier durch die militärische Nutzung eine große unzerschnittene Fläche mit wertvollen Biotopen und seltenen Tier- und Pflanzenarten erhalten hatte. Die Stiftung Naturlandschaften hat hier mit 7.200 ha ihre größte zusammenhängende Eigentumsfläche.

Das Gebiet bildet die südliche Spitze des Naturparks Nuthe-Nieplitz. Auf über 75% der Fläche finden bereits keine Eingriffe mehr statt. Die landschaftliche Vielfalt reicht von Sanddünen, Heide und Pionierwäldern im zentralen Bereich bis hin zu Feuchtgebieten und älteren Wäldern in den Randlagen. Seltene Arten wie Wolf, Fischotter, Bechsteinfledermaus und Wiedehopf leben in dem Gebiet, das auch FFH- und SPA-Status hat.

Die Stiftung hat in ausgewählten Bereichen ein 30 km umfassendes Netz von Wanderwegen angelegt, um die faszinierende Naturentwicklung für Menschen erlebbar zu machen.

Steckbrief

Größe des ehemaligen TÜP: ca. 8.200 ha
Flächenausdehnung: W/O 13 km, N/S 11,5 km
Stiftungseigentum: 7.200 ha

Geschichte

1864 - Beginn der militärischen Nutzung
1992 - letzte militärische Nutzung Sommer
bis 1994 Raumplanungsverfahren für die Standortsuche des Großflughafens "Berlin-Brandenburg-International"

Naturschutz

1999 Festsetzung von 7.190 ha als NSG „Forst Zinna-Jüterbog-Keilberg“
FFH-Gebietsmeldung
SPA-Gebietsmeldung
Das komplette Gebiet ist Bestandteil des Naturparks Nuthe-Nieplitz

Informationen zum Wanderwegnetz Pechüle-Frankenfelde und zum Wanderweg Wurzelberg

                                                                                                                

Fragen / Antworten:

Der schlimme Waldbrand auf dem früheren TÜP im Sommer 2019 hat umliegende Dörfer und die Biogasanlage in JB II ernsthaft bedroht. Was tut die Stiftung, um solchen Gefahren abzuwenden?

Die Stiftung Naturlandschaften Brandenburg setzt sich für den Waldbrandschutz ein und geht verantwortungsvoll mit ihren Flächen auf ehemaligen Truppenübungsplätzen um. Die von der Stiftung Naturlandschaften Brandenburg jeweils in Kooperation mit Landkreisen, Feuerwehr, Forstverwaltung, Naturschutz und weiteren Experten umgesetzten Waldbrandschutzsysteme mit Elementen wie Waldbrandschutzschneisen, Wegen, Löschwasserentnahmestellen und Brandschutzriegeln werden regelmäßig instandgesetzt und im Rahmen von Brandschutzübungen überprüft. Brände werden im Nachgang gemeinsam mit allen Partnern fachkundig ausgewertet und die Waldbrandschutzkonzepte bei Bedarf an neue Situationen angepasst. Zur Umsetzung der Maßnahmen beantragt die Stiftung Fördergelder und setzt Eigenmittel ein.

Unser Ziel ist es, die Sicherheit bei Waldbränden zu erhöhen, eine Ausbreitung und ein Übergreifen von Feuern zu verhindern und die munitionsbelasteten Flächen in den Naturschutz- und Wildnisgebieten von menschlichen Eingriffen freizuhalten.

Welche konkreten Maßnahmen wurden seit dem Brand 2019 in Jüterbog umgesetzt?

Auf- und  Ausbau Waldbrandschutzriegelsysteme
20.01.2020 - 15.10.2021

Instandsetzung von Wegen auf einer Länge von 2.124 m
04.06.2020 - 06.11.2020

Instandsetzung von Wegen auf einer Länge von 538 m
17.06.2019 - 06.11.2020

Neuanlage von 3 Löschwasserentnahmestellen
10.12.2019 – 15.10.2020

Instandsetzung von Wegen auf einer Länge von 2.100 m
17.06.2019-31.10.2019

Pflege von Waldbrandriegeln durch sonstige Vorhaben auf 120,7 ha
13.02.2018 - 15.10.2019

Partnerschaft im Projekt Waldbrand-Klima-Resilienz: Expertenaustausch und Qualifizierung im Bereich Feuerbekämpfung und Waldbrandschutz
Partner im Forschungsprojekt „PYROPHOB“: Untersuchung natürlicher Entwicklung von Waldbrandflächen zur Identifikation von Faktoren, die Wälder gegen Hitze und Trockenheit widerstandsfähig machen

Was ist das Ziel des Forschungsprojekts PYROPHOB?      

Ziel des ganzheitlichen Forschungsvorhabens PYROPHOB- "Strategien zur Entwicklung von pyrophoben und klimawandelresilienten Wäldern auf Waldbrandflächen" ist es, herauszufinden, wie sich Wälder in Zeiten des Klimawandels entwickeln und Hitzeperioden, Dürre und Brände überstehen können. Fünf Jahre lang untersuchen acht Verbundpartner unterschiedlicher Disziplinen, wie sich forstliche Maßnahmen auf Waldbrandflächen auswirken und vergleichen die Entwicklung und natürliche Wiederbewaldung von Wildnisgebieten. „PYROPHOB“ wird als ausgewähltes Modellprojekt über eine Laufzeit von 5 Jahren vom Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL) und Bundesumweltministerium (BMU) im Rahmen der Förderrichtlinie Waldklimafonds über die Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe (FNR) gefördert. Forschungspartner sind die Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde, die Stiftung Naturlandschaften Brandenburg, die Universität Potsdam, die Brandenburgische Technische Universität Cottbus‐Senftenberg, das Landeskompetenzzentrum Forst Eberswalde, das Johann Heinrich von Thünen‐Institut, das Senckenberg Deutsches Entomologisches Institut sowie die Naturwald Akademie.

Der Begriff "pyrophob" ist aus dem Altgriechischen entlehnt und bedeutet in etwa "Feuer meidend". Es geht darum, herauszufinden, welche Waldgemeinschaften die Entstehung und Ausbreitung von Feuern vermeiden helfen bzw. besonders widerstandsfähig gegen Hitze, Trockenheit und Brände sind, um daraus auch Empfehlungen für Politik und Wirtschaft abzuleiten. Dies betrifft nicht nur spezielle Baumarten sondern ganzheitlich betrachtet auch Aspekte wie Bodenleben, Wasserhaushalt, natürliche Wiederbewaldung und das Zusammenspiel verschiedener Tier- und Pflanzenarten.

Das Vorhaben schafft dadurch Zukunftsperspektiven und legt einen wichtigen Grundstein für die langfristige wissenschaftliche Erforschung, Lehre und Bildung zum Thema Waldbrand- und Feuerökologie in Deutschland.  Weitere Infos unter www.pyrophob.de

Die Stiftung besitzt 2.700 ha auf dem früheren TÜP Heidehof. Wird es auch auf dieser Fläche Wanderwege geben?

Da die Stiftungsflächen hier inmitten von Flächen anderer Eigentümer liegen, ist die Zugänglichkeit nicht gegeben und aktuell kein Wanderweg geplant.  

In Markendorf soll es im 1. Weltkrieg Versuche mit chemischen Kampfstoffen gegeben haben. Nach Kriegsende wurde in Schulen usw. immer wieder gefordert, dieses Gebiet nicht zu betreten. Ist die Stiftung darüber informiert? Und wenn es dort Versuche gab, was unternimmt die Stiftung zur Gefahrenabwehr?

Hierzu liegen uns keine Infos vor. Für unsere Stiftungsflächen auf dem Heidehof erarbeiten wir zurzeit ein Waldbrandschutzkonzept in Abstimmung mit dem Katastrophenschutz des Landkreises und weiteren Partnern. Erste Brandschutzmaßnahmen sind bereits umgesetzt. Aufgrund der Lage der Stiftungsflächen (s.o.) ist hier aktuell kein Wanderweg geplant.

Wieso werden Bäume am Wanderweg gefällt?

Dies ist für die Verkehrssicherung leider erforderlich. Durch Waldbrand abgestorbene und nicht mehr standfeste Bäume am Rand der Wanderwege auf den Jüterboger Flächen werden zur Sicherheit der Wanderer gefällt. Sie bleiben als liegendes und stehendes Totholz im Wald. Dieses Totholz leistet einen wichtigen Beitrag für die Arten- und Lebensraumvielfalt. Es speichert Feuchtigkeit, dient vielen kleineren Tieren als Schutz, Nahrungsquelle, Nistplatz und Überwinterungsort und wird nach und nach zu wertvollem Humus zersetzt.

Kontakt und Informationen

Stiftung Naturlandschaften Brandenburg
Schulstraße 6, D-14482 Potsdam
Tel.: 0331 - 7409322
E-Mail:
https://www.stiftung-nlb.de/de/wildnis-erleben

Fotos: Markus Hennen /ARGE KONVER

Grafiken: Stiftung Naturlandschaften