Die CKW-Anlage in Neues Lager – 15 Jahre rund um die Uhr in Betrieb

Sonderausstellung
Kulturquartier Mönchenkloster, Mönchenkirchplatz 4, 14913 Jüterbog
Mittwoch, 12. Juni 2019 - 13:00 bis Sonntag, 15. September 2019 - 18:00

Die Konversionsflächen der Stadt Jüterbog im Überblick

Quelle: Stadtverwaltung Jüterbog

Zur Geschichte des Neuen Lagers

Die ehemalige „Kaserne Neues Lager“ liegt 3 km westlich von Jüterbog, südlich der Bundesstraße 102 in Richtung Treuenbrietzen.

Der Kasernenbereich „Neues Lager“ umfasst:

  • das Barackenlager (errichtet 1889/90), auch als zweites Barackenlager bezeichnet,
  • das Proviantamt (ab 1880 Depot-Magazin-Verwaltung, ab 1888 Proviant-Amt),
  • das Garnisonslazarett (ab 1897) und
  • das „Referendarlager Hanns Kerrl“ (ab 1934).

Zum Gutsbezirk Schießplatz zählte ursprünglich nur das Truppenlager, weil die anderen Teilflächen auf Dennewitzer Flur lagen.

Seit 1897 ist die Bezeichnung „Neues Lager“ postalisch begründet und im allgemeinen Sprachgebrauch seit ca. 1910 etabliert.

Im Jahr 1889 kaufte der preußische Militärfiskus hier Flächen zur Errichtung eines zweiten Schießplatzes an.

Im Gegensatz zum ersten Schießplatz wurde hier unebenes Gelände erworben, um die Artillerieausbildung, dem technischen Fortschritt folgend, zu optimieren.

Durch die Verlegung der Artillerie-Schießschulen von Berlin-Spandau nach Jüterbog entstand hier das Barackenlager, in dem zunächst das Stammpersonal dieser Schulen bis zur Fertigstellung von Jüterbog II provisorisch in Wellblechbaracken, dann in Massivgebäuden untergebracht war.

Östlich des Barackenlagers wurde bereits 1880 eine „Depot-Magazin-Verwaltung“ erwähnt, die ab 1888 als „Proviant-Amt“ bezeichnet wurde.

Das „Proviant-Amt“ hatte die Aufgabe, die Lebensmittelversorgung für alle Truppen der Jüterboger Garnison inklusive der Futterversorgung der Pferde, sicherzustellen.

Nach dem Bau des neuen Proviantamtes ab 1889 kam es zum Bau weiterer Speichergebäude und einer Bäckerei.

In der NS-Zeit und auch nach Übernahme eines großen Flächenanteils durch die sowjetische Armee nach 1945 erfolgten weitere Neu- und Erweiterungsbauten.

Im südwestlichen Bereich des Proviantamtes, später Heeresstandortverwaltung, wurde nach 1933 eine Wäscherei, chemische Reinigung installiert, erweitert 1988 durch einen Neubau der sowjetischen Streitkräfte.

Durch den jahrzehntelangen Wäscherei- und Reinigungsbetrieb bis zur Übergabe an die deutschen Behörden 1993 bestätigten die Ergebnisse der Altlastenerkundung erhebliche Belastungen der Bodenluft und des Grundwassers mit Trichlorethen.

Seit dem Abschluss von konkretisierenden Untersuchungen arbeitet hier seit Oktober 2004 ununterbrochen eine CKW-Anlage.

Was ist Trichlorethen (TRI)?

Die Verbindung gehört zur Stoffgruppe der leichtflüchtigen chlorierten Kohlenwasserstoffe (LCKW). Das inzwischen verbotene Lösungsmittel TRI wurde häufig u.a. in der Textilreinigung, -imprägnierung und zur Entfettung von Maschinen und Munition eingesetzt.

Die Aufnahme von TRI in höheren Dosen über die Lunge bzw. die Haut kann u.a. anästhetische Wirkungen entfalten, toxische Wirkungen auf Blut, Nieren, Nerven, Leber und Haut sind bekannt.

GWFLR: Grundwasserfließrichtung
TWSZ: Trinkwasserschutzzone

Von der Erkundung bis zur Inbetriebnahme

1993 Abzug der russischen Streitkräfte
 
1999 Detailerkundung des Wäschereibereiches
 
2000 - 2001 Sanierungsuntersuchung (Drucksondierung Direct Push, Geoelektrik etc.), Bestätigung erheblicher Belastungen der Bodenluft und des Grundwassers
 
2001 Technische Erprobung, Bodenabsaugversuch, Entsorgung von > 20 t TRISchlamm mit ca. 4 t TRI
 
2002 Weitere Untersuchungen zur Schadenseingrenzung, Beginn der Sanierungsvorplanung
 
2003 Sanierungsplanung, EU-weite Ausschreibung, Beauftragung
 
2004 Leitungsbau, Aufbau der Sanierungsanlage, Regelbetrieb der Sanierung ab 29.10.2004
 
2004 - 2010 1. Sanierungsphase, Sanierung des oberen Grundwasserleiters mit rund 113 m³ Grundwasser/Tag, Bodenluftabsaugung mit 12 Absaugpegeln, Einstellung der Bodenluftabsaugung am 08.08.2008 nach Erreichung der Sanierungszielwerte (Bodenluft), Regenerierung Sanierungsbrunnen 2009
 
2011 - 2015 2. Sanierungsphase, Sanierung des oberen und des unteren Grundwasserleiters mit rund 830 m³ Grundwasser/Tag mit den Zielen: Minimierung des Quellpotenzials (oberer und unterer Grundwasserleiter), Verbesserung der Grundwasserbeschaffenheit (Trendumkehr), Neubau der Sanierungsbrunnen SB 11 bis SB 13 mit spezieller Filterstrecke, Einbau eines Phasenabscheiders 2012, Erhöhung der Pumpleistung (allein rund 720 m³/Tag aus dem unteren Grundwasserleiter), Infiltration im Sanierungsbereich (oberer Grundwasserleiter) und Einrichtung eines Spülkreislaufes
 
ab 2016 3. Sanierungsphase, Sanierung des oberen und des unteren Grundwasserleiters, Erhöhung der Förderung im unteren Grundwassserleiter auf 44 m³/h bzw. 1.056 m³/Tag, Gesamtförderrate rund 1.548 m³ Grundwasser/Tag, Infiltration im Sanierungsbereich oberer Grundwasserleiter, Abstromerkundungen

Schadenscharakteristik

Größe der Liegenschaft: ca. 65 ha
 
Schadenausdehnung: ca. 15 ha
 
Sanierungsbereich im oberen Grundwasserleiter: ca. 2 ha
 
Entfernung zum Wasserwerk: ca. 2.000 m (Luftlinie)
 
Schadstoffe: Trichlorethen (TRI)
 
betroffene Medien (Ausgangskonzentrationen): Bodenluft (> 100.000 mg/m³)
 
Grundwasser: > 800 mg/l
 
Betriebsdauer (Stand 31.05.2019): 5.325 Tage (seit 29.10.2004 im Dauerbetrieb)
 
Fördermenge derzeit: 8,1 m³/Stunde im oberen Grundwasserleiter, 44 m³/Stunde im unteren Grundwasserleiter, d.h. 1.250 m³/Tag
 
Gesamtfördermenge bislang: rund 3 Mio. m³ Grundwasser
 
Zum Vergleich, die Menge entspricht: 520 Füllungen des Troges (115x12,5x4 m) des neuen Hebewerkes Niederfinow, oder mehr als 2 komplette Füllungen des Olympia-Stadions in Berlin bis zum Dach.
 
Dem Untergrund entnommene Schadstoffe: Aus dem Wasser: 34.680 kg Lösemittel
Aus der Bodenluft: 2.419 kg Lösemittel
Aus der tech. Erprobung: 870 kg Lösemittel
Aus der Entsorgung der Gruben: 3.040 kg Lösemittel
 
Gesamtaustrag: 41.059 kg Lösemittel (= 41.1 Tonnen), Stand: 31.03.2019

Fazit

Die Gesamtkosten der Maßnahme lagen bislang (Stand 12.04.2019) bei rd. 5,62 Mio. Euro und werden insgesamt auf ca. 7 Mio. Euro geschätzt.

Die Sanierung wurde zu Beginn durch Fördermittel aus dem Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung (EFRE) unterstützt und durch das Land Brandenburg, WGT-Liegenschaftsvermögen im AGV finanziert.

Mit Hilfe dieser Reinigungsanlage, deren Betriebsdauer voraussichtlich noch mehrere Jahre andauern wird, werden noch weitere Tonnen von Schadstoffen aus Grundwasser und Bodenluft entfernt.

Eine Verunreinigung der Jüterboger Trinkwasserversorgung konnte abgewendet werden.

Auch nach dem Abschluss der Sanierungsmaßnahmen sind hier weitere Sicherungsmaßnahmen in den kommenden Jahren erforderlich.

Außerdem ist festzustellen, dass weitere Teilflächen der ehemaligen Garnison Jüterbog punktuell stark belastet sind.

So musste das Wasserwerk Jüterbog III 2007 (Muna Altes Lager), bedingt durch sprengstofftypische Verbindungen, abgelöst werden.

Insgesamt sind bislang viele Probleme gelöst, es stehen aber auch noch vielfältige und anspruchsvolle Aufgaben an.

Zu deren Lösung steht die Brandenburgische Boden als anerkannter und zuverlässiger Partner zur Verfügung.